Am Wochenende um den 24.06.2000 beschlossen wir (Andreas und Martin), angeregt durch einen Artikel im "Aufwind", auch mal die Hochstarthöhen beim F3J-Handschlepp zu vermessen. Bei der Qualifikationsrunde zur Europameisterschaft F3J in Pirna hatten wir mit unseren Europhias fast die gleichen Höhen erreichen können, wie die echten Cracks. Dort waren wir vor allem von den extremen Steighöhen begeistert, die z.B. Reinhard Vallant mit seiner modifizierten Europhia erzielt.
Es wurde also unsere alte
1,15er Speedline von 150 m Länge verwendet und eine Casio Höhenmesser-Uhr
auf den Flieger geklebt. Der Sensor wurde in der Nähe der Endleiste angebracht,
da dort die lokale Geschwindigkeit über der Tragfläche in etwa der
Anströmgeschwindigkeit entspricht.
Ansonsten würde der gemessene Druck nicht mit dem Umgebungsdruck in dieser
Höhe übereinstimmen.
Begonnen wurde mit einem
Klappenausschlag von ca. 7 mm. Noch herrschte leichter Gegenwind von ca. 2 m/s.
Die Höhen waren mit 175 m relativ gut.
Als nächstes wurden die Klappen auf etwa 12 mm gesetz. Es war zu erkennen,
dass zunächst schneller Druck am Seil aufgebaut wurde. Aber unser schon
einmal geflicktes Seil hielt dem nicht lange stand. Als nach ungefähr drei
Seilrissen die beschädigten Stellen in den Knoten verschwunden waren, konnte
endlich ein Hochstart zu Ende geführt werden. Aber höher ist der dann
nicht ausgefallen. Mittlerweile war der Wind völlig eingeschlafen. Es war
zwar eine höhere Seilkraft vorhanden, aber es wurde schon am Seil rein
gefühlsmäßig nicht soviel Geschwindigkeit aufgebaut, so dass
dann der Schuss auch nicht höher ausfiel. Die Gründe dafür sind
sicherlich, dass einerseits der Luftwiderstand zu sehr ansteigt, andererseits
aber die Schlepper zu sehr abgebremst werden.
Letzteres wird ja auch dadurch verstärkt, dass die Vertikalkomponente der
Seilkraft die Normalkraft der Schlepper auf den Boden verringert. Sie können
also noch weniger Leistung auf den Boden bringen. Wie zum Beweis konnte dann
beim letzten Start mit wieder reduzierten Ausschlägen die größte
Höhe von 190 m erzielt werden. Das Abfangen beim Schuss wurde bewusst sanft
durchgeführt, um auch hier den Geschwindigkeitsverlust gering zu halten.
Scheinbar ist das die bessere Strategie.
Weitere Folgerungen: Wir konnten feststellen, dass erstens die Höhenunterschiede von 15 bis 20 m mit dem bloßen Auge nur noch schwer wahrnehmbar sind. Will man genaueres über Hochstarthöhen wissen, muss man also messen. Zweitens ist es absolut entscheidend, dass der Hochstart ohne Ausbrecher oder größere Korrekturen durchgeführt wird. Sowas kostet in etwa 10 bis 15 m. Da höhere Klappenausschläge diese Gefahr erhöhen, ist das ein weiteres Argument für eher zurückhaltenden Klappeneinsatz. (Ein allmähliches Einfahren der Klappen während des Starts ist evtl. sehr günstig. Aber mit unserer MC 14 ist das völlig unpraktikabel, da man durch das Verschieben der Trimmung nur abgelenkt wird.)
Vermessung der Hochstarthöhen unserer F3B-Flieger
Letztes Jahr haben wir vom MFSC TU Dresden eine alte Eigenbau-Winde bekommen (nochmal Danke dafür) und wollten nun mit unserem mittlerweile recht ordentlich funktionierendem Datenlogger einmal Genaueres über die erreichten Hochstarthöhen herausfinden. Bei den Europhias kriegen wir allerdings selbst den superkleinen Logger nicht im Rumpf unter, sondern mussten ihn seitlich an den Rumpf tapen. Dadurch kann es aufgrund der Druckschwankungen durch erhöhte Anblasgeschwindigkeit, Wirbel usw. zu gewissen Fehlern kommen. Deshalb sieht der Schuss im zweiten Diagramm wahrscheinlich so niedrig aus. Wenn sich aber wieder Normalflugbedingungen eingestellt haben, sollte die Höhe wieder ganz gut passen.
Ein bisschen Windentuning
hat bei uns also ziemlich viel gebracht, was natürlich daran lag, dass
es noch viel zu verbessern gab. Das Nachmessen der Spannungsabfälle bei
blockierter Winde hatte die Motorbefestigungsschelle mit ca. 0,6 V als größten
Übeltäter in Sachen Leistungsvernichtung entlarvt.
Eigentlich kann man die Höhen aber nicht vergleichen, weil die Wetterbedingungen
recht unterschiedlich waren. Klar, dass man mit Gegenwind höher kommt,
allerdings seltsam, dass das selbst bei einem so vermurxten Start noch so viel
ausmacht...
Mittlerweile haben wir unseren Datenlogger aus dem rconline Forum fertig und auch anfängliche Probleme mit der Qualität der aufgezeichneten Daten gelöst (Spannungseinbrüche vermieden). Nun können wir schon ganz ansehnliche Barogramme aufnehmen. Hier mal ein Barogramm von zwei Flügen mit Martins HLG:
Schon beim ersten Flug
wurde eine Blase gefunden. Was man auch schön sieht, ist, dass sich eine
Thermikblase quasi immer durch zunächst verstärktes Sinken ankündigt.
Das ist ja auch verständlich, da eine Thermikblase oder ein Schlauch vergleichbar
sind mit aufsteigendem Rauch (braucht man sich nur mal angucken). Die sich an
der Luftmassengrenze abkühlende Warmluft gewinnt an Dichte und sinkt seitlich
ab. Natürlich gibt es auch noch andere Formen von auftretender Thermik,
aber dazu evtl. später mehr.
Das macht das Thermikfliegen halt auch so interessant: Hinter dem Abwind kommt
meistens der rettende Bart - oder man hat Pech und erwischt nur Saufen. Den
richtigen Zeitpunkt zur Umkehr zu finden, setzt eben viel Erfahrung und ein
wenig Gespür voraus.
Stand der Erkenntnis: 05.04.2001