26.03.2000, ein mäßiger
Wind aus Südwest. Andreas und Martin machen sich siegessicher auf zum Nordosthang
(?!) unserer nahegelegenen Sandgrube. Ein paar hochgeworfene Grashalme zeigen
einen einigermaßen ausgeprägten Leerotor an.
Das mit dem Fliegen im Lee kann doch nicht so schwierig sein...
Die Taktik ist schnell ausgedacht: Gegen den Wind starten und dann runter hinter
die Kante, ja und dann wieder hoch in den Wind und immer so weiter.
Martin versucht es als erster. Immerhin zwei, drei Runden - dann steckt der Flieger im Dreck. Zum Glück hatte es vorher geregnet, da nimmt das gute alte Xtrem das nicht so übel. War ja auch schön senkrecht.
Noch ein Versuch, irgendwie war das auch nicht besser. Die vorige Einschlagstelle wurde immerhin nur um etwa einen Meter verfehlt. Beim dritten Mal schlägt das Xtrem dann leider mit der Tragfläche auf einem Erdabsatz auf. Eine herausgerissene Befestigungsmutter vereitelt weitere Tests.
Was war nur der Grund,
warum sich keine richtige Geschwindigkeit aufbauen wollte? So nach drei geflogenen
"Schrägloopings" hing der Flieger oben wie eine reife Pflaume
in der Luft... und fiel dann auch runter. Außerdem wurde er beim Hochfliegen
in den Wind meistens in Rückenlage gedreht, was das Steuern nicht gerade
vereinfachte.
Mittlerweile hatte auch der Wind etwas gedreht. Dadurch war das Lee nicht mehr
so richtig ausgeprägt.
Nun war Andreas dran: Zunächst
einmal wurde der Ort des Geschehens gewechselt - so eine Sandgrube ist ja fast
rund. Eine vorspringende Zunge ließ eine Windscherung erkennen. Aber wie
sollte man sie nutzen, sie war mehr horizontal als vertikal.
Ein erster Versuch einen Looping dahinter zu fliegen zeigte: So geht's nicht.
Bei der Landung am Boden des Loches wurde die große Schlickpfütze
zum Glück nicht getroffen.
Nach
ein paar weiteren Tests, bei denen wir uns zwischenzeitlich wegen tiefer Überflüge
auf den Boden werfen mussten, kam der krönende Abschluss. Das Xtrem entging
zweimal durch einen Touch-and-Go knapp dem Tode, aber am Grund angekommen wartete
schon die große Schlammlache. Natürlich ließ es sich nicht
vermeiden, dass der Flieger genau darin landete (Murphys Gesetz).
Als der braune Lehmklumpen wieder geborgen war, hatten wir erst mal die Nase
voll.
Fazit: Fliegen im Lee ist nicht so einfach, zumindest an Sandgruben. Aber: Wir machen weitere Versuche, Teil II folgt bald...
Wie gut das mit dem dynamischen Segelfliegen funktionieren kann, sieht man zum Beispiel in folgenden Videos:
Joe
Wurts am Parker mountain (2,5 Mb) (von John McCurdy's F3F-Seite)
Alex McKeen bei La Muela (1,4 Mb) (von Kevin Newton's
Site)
DS in Frankreich (?) (4,5Mb) (von Aeromod Marechal
Concept)
Alles echt coole mpeg's, besonders auch der Sound!
Andreas, 1.07.2000
Das Thema Dynamischer Segelflug
hat uns (Andreas und Martin) weiterhin beschäftigt und während unserer
Urlaubsreise nach Norwegen konnten wir auch wirkliche Fortschritte erzielen.
Zunächst wurde natürlich in Hanstholm Station gemacht und im starken,
ziemlich wirbelfreien Seewind rumgedüst. Am Hang am Hafen war wirklich
supergleichmäßiger Aufwind - entsprechend konnten wir recht riskante
Flugmanöver üben.
Aus Spaß probierten wir auch mal, den vertikalen Windgradient vor dem
Hang für DS zu nutzen. Und siehe da, es ging. Schon durch die mit der Höhe
zunehmende Windstärke konnten wir ziemlich schnelle Kreise drehen. Sah
auf jeden Fall auch schneller aus, als man in herkömmlicher Manier am Hang
werden konnte.
In
Norwegen fanden wir auf der Fahrt von Fagernes zum Jotunheimen-Nationalpark
einen recht unscheinbar aussehenden, aber echt coolen Hang in der Nähe
von Beitostolen. Das Wetter war fast perfekt: Sonnenschein und sehr starker
Westwind, der nur ein bisschen kalt war (ca. 5°C). Der Hang besaß
einen ausgeprägten Grat und wir merkten schon beim Hinauflaufen, dass das
Leegebiet super ausgeprägt war (Windstille auf der Rückseite). Da
war uns schon klar, dass es so richtig viel Speed geben würde.
Martin startet als erster und genießt den krassen Aufwind. Beim Versuch,
den ersten Kreis zu drehen, merkt er allerdings, dass mit der Höhenleitwerksanlenkung
etwas nicht stimmt und er nicht richtig ziehen kann. Der Flieger verschwindet
mit Vollspeed hinter der Kante, kommt aber wie durch ein Wunder noch vor den
Felsen wieder hoch. Wurde also nichts mit DS bei ihm.
Als nächstes war ich
dran und nach einer kurzen Eingewöhnungsphase im Luv ging's hinter ins
Lee. Und es war einfach nur krass. Schon nach der ersten Runde hatte sich eine
extreme Geschwindigkeit aufgebaut.
Beim Durchqueren der Leewirbel wurde das Xtrem 2 dermaßen durchgeschüttelt
und gebeutelt - das hatte ich so noch nie erlebt. Von vorhersagbarer Querruderwirkung
war nicht mehr zu sprechen. Blitzschnelle Drehungen um die Längsachse und
dann wieder keine Reaktion trotz fast voll Gegenruder. Und das, wenn man in
ca. 3 m Höhe mit ungefähr 150 Sachen auf sich zu fliegt.
Wenn der Flieger in die Starkwindzone im Luv eintrat, war es, als würde
er von Thors Hammer getroffen. Er wurde regelrecht in den Himmel geschossen
- man konnte kaum so schnell gucken. Nach ungefähr vier fünf Runden
musste ich immer erst mal eine kleine Pause einlegen. Der Adrenalinspiegel wollte
einfach in zu große Höhen steigen.
Das Kritische war immer,
den richtigen Weg durchs Lee zu finden. Als ich einmal zu weit nach unten gestochen
habe, war es, als ob hinter der Kante der Bremsfallschirm aufginge. Und plumps
lag der Flieger im Heidekraut (1,5 m mit 900g haben halt nicht so den Durchzug).
Aber nichts kaputt, also ging es weiter.
Doch die Leewirbel forderten ihren Tribut. Als das Xtrem 2 einmal zu stark gebeutelt
wurde, verlor ich irgendwie die Kontrolle und es krachte in den Dreck. Zum Glück
wurden die zahlreich herumliegenden Felsbrocken um einige Meter verfehlt - so
hielt sich der Schaden noch in Grenzen.
Die Erkenntnisse dieses Tages: Man darf sich nicht die falschen Stellen zum Fliegen heraussuchen (Hang auf der Luvseite ist Gold wert) und sollte nicht gerade seinen besten Flieger nehmen. Bei richtig Wind ist DS dann total cool.
Wieder zu Hause angekommen,
betrachten wir nun die Landschaft mit anderen Augen. Nicht mehr allein die Stärke
der Windscherung ist intessant, sondern vor allem, dass es ein ausreichend großes,
möglichst unverwirbeltes Leegebiet gibt. Ein zu beiden Seiten hin abfallendes
Gelände erleichtert es zudem sehr, die nötige Flugbahn in der Luft
unterzubringen.
Das sollte doch durch den
kleinen Hang mit einer Baumkante bei der "Weißen Spitze" gegeben
sein, dachten wir uns. Also ging es bei zwar etwas schwachem, aber beständigen
WSW-Wind auf dorthin - ich mit meinem reparierten Xtrem 2, Martin mit seiner
Europhia.
Nach Gummikatapultstart über die Bäume (ausreichende Höhe ist
wichtig) konnte ich schon ein paar Runden drehen. Aber mangels Wind war recht
schnell die Luft raus. Martin konnte sich dafür minutenlang über Wasser
bzw. über der Baumkante halten.
Fazit: Es kommt vor allem auf den Durchzug bei engen Kreisen an, und der ist bei großen Fliegern nun mal besser. Mit einem F3B-Flieger kann man wahrscheinlich quasi überall eine geeignete Stelle finden und der Wind braucht gar nicht so stark sein. Nur sollte man vorher mit einem alten Flieger üben...
Andreas, 26.08.2000
Mittlerweile war nun mal etwas stärkerer NW-Wind aufgekommen und wir haben auch noch ein gut geeignetes Waldstück gefunden. Die Erfahrung zeigt, dass der Wald in Windrichtung möglichst schmal sein sollte (am Besten nur eine dichte Baumreihe), da sonst die Windscherung, also der Bereich zwischen starkem Wind über den Bäumen und dem Leegebiet dahinter, nicht "scharf" genug ausgeprägt ist. Dadurch kommt man beim Hochziehen nicht genügend ins Luv und kann kaum Energie gewinnen.
Wir
schnalzen also einen 1,5-m-Hangflitzer (Andreas´ Xtrem 2) und meinen 2,4
m Eagle mit 4*7mm Schlauchgummi in die Luft und schon geht die Post ab. Beim
" In's-Lee-Stechen" braucht man nur bis wenige Meter unter die Baumwipfelkante
zu fliegen, dafür dann lieber weiter hoch in den Wind reinkommen.
Das Leegebiet ist hinter dem Wald überraschend wirbelarm, viel weniger
turbulent als in Norwegen am Hang. Man braucht also im Prinzip bis auf wenige
Korrekturen nur etwas am Höhenruderknüppel ziehen und schon läuft´s.
Je enger man nun die Kreise fliegt, desto mehr biegen sich die Flächen
und die Geschwindigkeit nimmt zu, bis sie einen gewissen Maximalwert erreicht
hat.
Schon bei vielleicht 25 km/h Wind konnte ich bei meinem Eagle Flächenbiegungen erreichen, die zuvor noch nicht aufgetreten waren. Bei höheren Flächenbelastungen (bei mir waren es ca 55 g/dm² ) lassen sich auch höhere Geschwindigkeiten erreichen, da man den Geschwindigkeitsschub besser mit durch's Lee nehmen kann und so wiederum schneller ins Luv kommt. Natürlich nehmen die Belastungen für den Flieger dann nochmal zu und man braucht dann besonders bei größeren Spannweiten ausreichend robuste Holmkonstruktionen und genügend Torsionssteife.
Martin, 05.09.2000
Weitere Informationen
zu DS findet man z. B. hier:
Doug
Turners Webseite
Mit dem Datenlogger von Dietrich Meissner aus dem rconline-Forum haben wir mal ein Barogramm bei recht guten Bedingungen aufgenommen.
Unsere ersten alpinen Erfahrungen sammelten wir in der Nähe des Comer Sees im Sommer 1996.
Wir sind also das erste
Mal in den Alpen, angelockt von Gerüchten über geradezu aberwitzige Thermik
und grandiose Modellflugerlebnisse.
Den geeigneten Berg , welcher vor allen Dingen akzeptable Landemöglichkeiten
sowie eine Zufahrtsstrasse aufweisen soll, entdecken wir sowohl durch das genaue
Studium einer detaillierten Wanderkarte der Region, als auch durch das aufmerksame
Betrachten der einzelnen Gipfel bei der Anreise, am Besten von erhöhten Standorten
( z.B. Passstraßen) im Bereich des "Zielgebietes". Man muss wissen, dass die
allermeisten Berge in den Alpen so hoch sind, dass man sie nur unter großen
Strapazen ausschliesslich zu Fuss vom Tal aus erreichen kann. Dann hat man aber
keine Zeit mehr zum Fliegen.
Wir
sind deshalb froh, einen begrasten "Hügel", bei dem eine Zufahrt bis auf wenige
hundert (Höhen)- Meter vom Gipfel möglich ist, gefunden zu haben. Es ist der
sogenannte Monte di Paraone nordwestlich vom Comer See gelegen, etwa 1800 m
hoch.
So befinden wir uns also bereits zu früher Stunde ganz in Gipfelnähe und eilen
zum Startplatz. Der Berg bildet einen relativ flachen, grasbewachsenen Hügel,
dessen Südseite bis zum Tal etwa 1000 m, in einem Winkel von etwa 40 ° abfällt.
Schon beim Aufstieg haben wir die Wolkenbildung beobachten können. Einzelne
Wolkenfetzten ziehen am Hang hinauf und weisen auf geradenzu “hammerharte” Aufwinde
hin. Über unseren Köpfen vereinigen sich diese dann zu einer einzigen, riesigen
Wolke, die auf starke Dauerthermik schließen läßt.
Eilig werden nun also die Modelle aufgebaut. Zunächst wird der mit Elektromotor versehene Cherry mit neuen Flächen gestartet. Der Motor ist natürlich vollkommen überflüssig. Der Flieger steigt in der Thermik schneller, als sonst mit dem E-Antrieb. Der HLG bleibt besser am Boden, wir wollen später ja noch was davon haben. So was hatten wir noch nie erlebt. Obwohl im Prinzip sehr schwacher Wind ist, geht es am Hang nur nach oben. Die durch die perfekte Sonneneinstrahlung auf den Südhang erwärmte Luft zieht nahezu kontinuierlich nach oben, es ist der Wahnsinn. Nach einigen Stunden “Rumgesteche” sind sowohl unsere Empfängerakkus, als auch wir selbst am Ende unserer Kräfte und wir machen uns total beeindruckt auf den Heimweg.
Natürlich ging´s im darauffolgenden
Jahr wieder ins alpine Gelände, diesmal jedoch in den französischen Teil der
Alpen.
Auch hier ließ sich ein geeigneter Flughang finden, den wir diesmal nicht mit
dem Auto, sondern mit Mountainbikes erklommen. Die Anstrengungen hatten sich
auch diesmal wieder voll gelohnt, da sich in einem nach Süden ausgerichteten
hufeisenförmigen Talkessel derartige Thermik ausbildete, dass unsere neuen Eagles
( vollGFK 2,4m, auf 2,5 kg aufgebleit) zwar fast unsteuerbar, aber so schnell
in die Höhe gerissen wurden, dass man zum Abspeeden meistens mehr Zeit benötigte,
als zum Höhetanken.
Außerdem gab´s trotz aufwendiger Torsionsversteifung der Querruder die ersten
Flattererscheinungen, verbunden mit dem ultimativen Speedkick ( begünstigt durch
die große Höhe >> geringe Luftdichte) und dem Abwerfen der Kabinenhaube. Durch
die Vibration muss sich diese wohl aufgebogen haben, und dann vom Fahrtwind
abgerissen worden sein. Wie durch ein Wunder haben wir das Teil sogar wiedergefunden.
So, dann also nochmal das Erfolgsrezept: Sonnenschein, ein nach Süden ausgerichteter Talkessel und ein möglichst steinfreies Landefeld. Achja, und natürlich ein absolut speedfester Flieger.